Bericht der Bauausschusssitzung vom 12.9.2019

Bauausschuss winkt Planung durch

Der Planungs- und Entwicklungsausschuss der Gemeinde Bissendorf hatte am Donnerstag, den 12. September 2019 die 45. Änderung des Flächennutzungsplanes („Natberger Feld“), sowie die Aufstellung eines Bebauungsplanes (Nr. 150) befürwortet. Vorausgegangen war eine Erläuterung durch das Planungsbüro und eine ziemlich kurze Diskussion im Rat.

Der Referent stellte die Planung für die Flächenutzungsplanänderung vor, in die zwischenzeitlich die eingegangene Kritik von Behörden und Bürgern eingearbeitet worden ist. Die Behördenkritik sei weitgehend berücksichtigt worden, so habe man eine „Kaltluftschneise“ für die Stadt Osnabrück und Schutz- bzw. Abstandsstreifen zu den Waldflächen eingeplant. Auch werde ein möglicher Korridor für die geplante Höchstspannungstrasse der Fa. Amprion freigehalten.

Die Kritik der Bürger ist hingegen weitgehend nicht berücksichtigt worden. Einwände wurden mit dem stereotypen Satz abgewiesen, dass die Bevölkerung die Planung akzeptieren müsse, weil sie der geltenden Rechtslage entspreche. Die Gemeinde würde zwar ebenfalls auch einige negative Folgen sehen, die entstehenden Konflikte aber zugunsten der Gewerbenutzung entscheiden. Auch das Zielabweichungsverfahren sei inzwischen „positiv“ abgeschlossen worden, die Genehmigung für die Planung also erteilt, weil sie den Zielen der Raumordnung nicht grundsätzlich widersprechen würde.

In der Diskussion kritisierte Ratsherr Claus Kanke (Grüne) die Planung deutlich. Die Interessen der Wirtschaft würden zu hoch bewertet, negative Folgen für die Bevölkerung zu gering. Es würden keine Arbeitsplätze geschaffen, sondern lediglich Firmen aus anderen Orten abgeworben, was zu einem „kommunalen Kannibalismus“ führen würde. Außerdem würde das propagierte Ziel, vor allem dem Mittelstand zu helfen, geradezu konterkariert, weil der Mittelstand jetzt schon unter Fachkräftemangel leide. Eine Ansiedlung weiterer Firmen würde die Situation vor Ort noch weiter anfachen, was vor allem zulasten der mittelständischen Betriebe gehen würde. Mit dem Verlust ertragreicher Böden würden die nächsten Generationen ohne Not belastet, und mit den Flächen 29.2 und 29.3 würden andere Flächen zur Verfügung stehen, deren Verfügbarkeit allerdings nicht hinreichend geprüft würde. Das Ergebnis des Zielabweichungsverfahrens sei nicht nachvollziehbar. Das sei so, als ob ein Schiedsrichter ein Foul mit der Begründung nicht ahnden würde, weil es ja genügend Spielszenen auch ohne Foulspiel gebe. Außerdem sei der Landkreis befangen, weil er Genehmigungs- und Prüfbehörde zugleich sei.

Bürgermeister Halfter widersprach vehement: Er würde Claus Kanke als Betroffenen ja verstehen, aber das sei eine „NIMBY“-Argumentation („Not In My BackYard“ – ein Vorhaben in der Umgebung ablehnen, anderenorts aber begrüßen), er hingegen habe die übergeordneten Interessen der Gemeinde im Blick. Bissendorf würde keine Unternehmen aus anderen Kommunen abwerben, sondern hätte halt viele „weiche Standortfaktoren“, die für Unternehmen attraktiv seien. Er wäre quasi Tag und Nacht im Einsatz, um Flächen für Gewerbeansiedlung zu finden, das Natberger Feld sei aber leider die einzige, die zurzeit zur Verfügung stehe. Auch das ehemalige Solarlux-Gelände sei nicht frei, weil die Fa. Solarlux weiterhin freundschaftlich mit Bissendorf verbunden sei und daher den Standort nicht aufgeben wolle. Er teile die Kritik am Zielabweichungsverfahren nicht, sondern habe vollstes Vertrauen in die Kompetenz der Fachleute beim Landkreis, die das Verfahren sauber durchgeführt hätten.

Ratsfrau Marie-Dominique Guyard (Grüne) verwies auf eine Aussage der SPD aus dem Jahr 2011, wonach die Planung im Natberger Feld ausdrücklich nur für die Erweiterung der Fa. Solarlux vorgesehen sei, was im deutlichen Widerspruch der jetzigen Planung stehe. Außerdem bemängelte sie, dass die Planung anlässlich der Klimaschutzdiskussion, des Arten- und Insektensterbens und der Krise der Landwirtschaft „von vorgestern“ sei.

Ratsfrau Monika Feil (FDP) argumentierte für die Planung, denn dadurch würden Gewerbesteuern generiert, die für die Gemeinde wichtig seien, um Kindergärten und Schulen bauen zu können. Außerdem vermisse sie konstruktive Kritik, also Vorschläge, wo denn Gewerbe angesiedelt werden könne, wenn nicht im Natberger Feld. Die Flächen seien schließlich ideal, weil sie in der Nähe der Autobahn liegen würden.

Ratsherr Dirk Göcke (SPD) wünschte sich im Zuge der Planung eine Verbesserung der Einmündung der „Lüstringer Str.“ in die „Meller Str.“, bzw. der Autobahnauffahrt Natbergen.

Die CDU äußerte sich nicht.

Vor der Abstimmung gab es dann noch eine kurze Antwort von Claus Kanke: Grüne und BI „Schönes Natbergen“ hätten die Flächen am Beetkamp (neben der Autobahnmeisterei) doch eigentlich ziemlich konstruktiv in die Diskussion eingebracht, immerhin sei die Fläche inzwischen fast vollständig bebaut. Die Fläche 29.3 (Steinbruch Sundermeyer) werde aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt („alpine Verhältnisse“), über die Fläche 29.2 (Erweiterung Eistruper Feld) nicht ausreichend verhandelt und der NIMBY-Vorwurf wäre absurd, das Natberger Feld sei grundsätzlich für Gewerbe ungeeignet, weil es aus gutem Grund für Freiraumfunktionen vorgesehen sei.

Bei der anschließenden Abstimmung empfahl der Ausschuss dem Rat die 45. Änderung des Flächennutzungsplans mit zwei Gegenstimmen.

Anschließend wurde der Bebauungsplan Nr. 150 („Natberger Feld“) vorgestellt. Der Referent betonte, dass es gegenüber den Anfängen der Planung für die Spedition Koch einige wichtige Veränderungen geben würde, so sei nicht mehr von einem „Industriegebiet“ mit großen Belastungen rund um die Uhr die Rede, sondern nur noch von einem „eingeschränkten Gewerbegebiet“. Damit würde die Planung größtmögliche Rücksicht auf die Belange der Betroffenen nehmen.

Bei der anschließenden Abstimmung wurde die Aufstellung des Bebauungsplans Nr.150 bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung befürwortet. Das Planungsbüro wird den B-Plan also fertigstellen, dem Rat vorlegen, der dann die öffentliche Auslegung (4 Wochen) beschließen kann. Während der Auslegung können Bürger Einwände formulieren, die daraufhin vom Rat abgewogen werden müssen. Wenn man die bisherige Abwägung betrachtet, ist da aber leider Skepsis angesagt. Nach der Abwägung kann der Plan beschlossen und vom Landkreis genehmigt und im Amtsblatt veröffentlicht werden. Danach gilt eine einjährige Frist, während der ein Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gestellt werden kann, das die Planung daraufhin überprüft.

 

Die Sitzung war ein (un-)schönes Beispiel dafür, wie gering Einwände von Bürgern in Bissendorf geschätzt wurden. Die Abwägungen waren pauschal, interessegeleitet und in vielen Bereichen ganz einfach falsch. So stimmt es nicht, dass die Planung „keine Einschränkung der vorhandenen Landwirtschaft“ bewirken wird. Immerhin verschwinden 23 Hektar landwirtschaftliche Fläche was die Zukunfts- und damit auch die gegenwärtigen Chancen des landwirtschaftlichen Betriebs der Familie Drees drastisch beschneidet. Auch die Begründung der Planungserfordernis, also die angeblich zwingende Notwendigkeit der Planung, konnte nicht nachgewiesen werden. Denn zumindest die Fläche 29.3 (Steinbruch Sundermeyer) steht weiterhin zur Verfügung, auch wenn die Fa. Solarlux sie damals aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt hatte. Und die Frage, ob Bissendorf tatsächlich immer mehr Gewerbeflächen braucht und welche negativen Auswirkungen damit verbunden sind, wurde überhaupt nicht geklärt. Dabei ist gerade diese Frage ziemlich drängend, weil Bissendorfs hochgelobte „weiche Standortfaktoren“ unter der verstärkten Gewerbeansiedlung der letzten Jahren ziemlich leiden, was nicht nur ansiedlungswillige Firmen betrifft, sondern vor allem die hier wohnenden Bürger.

Es wurde deutlich, dass die Gemeinde lediglich bestrebt ist, die gröbsten Kritikpunkte aus der Schusslinie zu bringen, aber an der grundsätzlichen Planung festhält. Nach wie vor sehen wir die Planung als Einfallstor für die Industrialisierung der Region. Ein Fuß in der Tür. Dass Erweiterungen in Zukunft tatsächlich geplant sind, wurde auch nicht bestritten.

Es wurde auch deutlich, dass sich die Positionen verhärtet haben. Genau wie die Bürgereinwände wurden die Gegenargumente in der Diskussion entweder ignoriert (SPD) oder routiniert abgewiesen (Bürgermeister). Für die Mehrheit der Ratsmitglieder schien die Angelegenheit bereits gegessen zu sein.

 

Hier finden Sie die Abwägungsvorschläge der Bürgereinwände, einmal nach Themen geordnet, einmal nach Einwändern.

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Kommentare: 1
  • #1

    K.M. (Freitag, 20 September 2019 12:02)

    In dieser Woche hatte ich das grossartige Vergnügen, Herrn Halfter gleich zweimal in einer öffentlichen Veranstaltung zu erleben.
    Wie er mit Kritikern umgeht, geht gar nicht. Er behauptet zwar immer Bedenken ernst zu nehmen, macht es aber nicht. Keinen einzigen Einwände hat er ernst genommen!