Schönes Natbergen ruft Bundesverfassungsgericht an
Das geplante Gewerbegebiet "Natberger Feld" ist nicht die erste Bauplanung der Gemeinde Bissendorf, die mit der Raumordnung kollidiert. Bereits 1990 hatte die Gemeinde bei der Ausweisung des Gewerbegebiets "An der Autobahn" Ziele der Raumordnung verletzt.
Damals hatten Anwohner dagegen geklagt und in zwei Instanzen Recht bekommen, allerdings waren die Bauarbeiten während der Verfahren so weit fortgeschritten, dass das Ganze als Pyrrhussieg endete. Die Gewerbeplanung hatte sich durchgesetzt, obwohl sie nicht rechtmäßig war.
Heute, beim "Natberger Feld", liegt sie Sache ganz ähnlich. Auch hier widerspricht die Gewerbeplanung den Zielen der Raumordnung. Trotzdem weisen die Gerichte diesmal unsere Klagen ab.
Warum?
Im Gegensatz zum ersten Mal wurde diesmal ein sogenanntes "Zielabweichungsverfahren" durchgeführt, also eine Sondergenehmigung vom Landkreis Osnabrück für die Planung erteilt. Der Landkreis darf Ausnahmegenehmigungen von den Zielen der Raumordnung in Einzelfällen erteilen, um Planungslücken für atypische Einzelfälle zu schließen. Beispielsweise für technische Einrichtungen wie Trinkwasserhochbehälter, die sinnvoll nur an dieser bestimmten Stelle errichtet werden können, woran aber bei der Entwicklung der Raumordnungsplanung keiner gedacht hatte. Ein Gewerbegebiet gehört sicherlich nicht dazu. Trotzdem hat der Landkreis die Genehmigung dafür erteilt, die Genehmigung ist also zumindest überprüfungswürdig. Eine Überprüfung durch unabhängige Gericht findet aber nicht statt.
Denn: Das Zielabweichungsverfahren ist eine Angelegenheit zwischen zwei Behörden: Dem Landkreis Osnabrück und der Gemeinde Bissendorf. In solchen Fällen bleiben die Bürger außen vor. Sie haben kein Mitwirkungsrecht und auch keine "Anfechtungsbefugnis", also kein Klagerecht.
So sehen das jedenfalls die Verwaltungsgerichte. Wir sind als Anwohner zwar von der Entscheidung des Landkreises betroffen, dürfen diese Entscheidung aber nicht vor Gericht bringen. Wären wir eine Kommune, also ebenfalls eine Behörde, dürften wir das. Sind wir aber nicht. Also endet der Rechtsstaat hier für uns. Endstation, alle aussteigen!
Wir empfinden das als eklatanten Verstoß gegen die Gewaltenteilung, die ein ganz grundsätzliches Prinzip unseres Rechtssataates ist, sozusagen das Fundament unserer Verfassung.
Daher haben wir fristgerecht beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde eingereicht.
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## (Sonntag, 08 Oktober 2023 19:58)
Ihre Verfassungsbeschwerde sagt im Kern, dass der Freiraum, den Verwaltungsbehörden für sich in Anspruch nehmen, verfassungswidrig ist.
Haben Sie bedacht, dass das zwar vielleicht der Fall sein könnte, es aber eine bewährte Praxis ist, damit Behörden störungsfrei arbeiten können? Eine Regierung muss handlungsfähig sein! Wenn sie immer Rücksicht darauf nehmen muss, dass jemand gegen sie klagen könnte, wird sie blockiert.
Wir haben jetzt schon viel zu viele Klagen und viel zu zähe Probleme, um wichtige Entscheidungen durchsetzen zu können. Bürgerrechte sind ja schön und gut, aber es muss auch mal Schluss sein und eine Entscheidung getroffen werden, die dann auch Gültigkeit hat!
Stefan (Montag, 09 Oktober 2023 21:26)
In Bayern und Hessen hat die AfD die stärksten Zugewinne einfahren können. Warum wählen Bürger eine Partei die eigentlich keinen Plan hat und lediglich sagt dass sie alles anders machen will als die etablierten Parteien? Weil die zu viel Scheiße bauen und über die Köpfe der Bürger hinweg regieren. Wenn das Bundesverfassungsgericht sich ernsthaft damit befassen würde müsste es sich auch mit eurer Beschwerde befassen. Macht es das nicht ist das Wasser auf die AfD-Mühlen
die verfassungsbeschwerde ist logisch und (Freitag, 13 Oktober 2023 16:13)
die verfassungsbeschwerde ist logisch und leuchtet mir ein. wenn das wirklich so ist warum haben dann nicht andere schon dagegen geklagt? wie kann es sein dass so ein unrecht bis heute besteht?
??? (Freitag, 13 Oktober 2023 22:01)
@##
forderst du ernsthaft "Freiraum" für Verwaltungsbehörden? Echt jetzt? Sollen Behörden jetzt nicht mehr nach den Gesetzen handeln? Oder was soll das heißen?
Freiheit für Verwaltungsbehörden! Es lebe die Willkür!
Hermann L. (Montag, 30 Oktober 2023 18:33)
Verwaltungsbehörden haben sich immer schon sehr gerne große Stücke aus dem Kuchen genommen, der gar nicht für sie bestimmt ist. Wenn zB über eine Umgehungsstraße entschieden werden sollt, werden nicht die Bürger gefragt, diskutiert und dann abgestimmt, sondern ein Plan gemacht, den man entweder abnicken oder kritisieren kann. Die Kritik wird dann regelmäßig "abgewogen", also niedergemacht. Wenn man dagegen klagt, rennt man sich nur den Kopf ein, weil die vorher ihren Plan in trockene Tücher gepackt haben.
So ein Vorgang ist einfach nicht fair.
Martina (Samstag, 10 Februar 2024)
Behördenentscheidungen müssen überprüfbar sein.
Alles andere geht gar nicht.
123 (Sonntag, 11 Februar 2024 12:16)
@Martina
ja, das ist richtig. Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Wahl zwischen Pest und Cholera. Wenn es die bisherige Rechtsprechung legitimiert, widerspricht es dem von dir benannten Grundsatz, dass Behördenentscheidungen überprüfbar seien müssen.
Wenn es diesen Grundsatz bestätigt, wirft es aber die etablierte Verwaltungspraxis über den Haufen. Das würde eine grundlegende Änderung für die Behörden bedeuten, die bislang grundlegende Entscheidungen weitgehend unter sich ausmachen konnten. Das wird sehr, sehr hart werden und einen Riesenaufschrei geben. Die NOZ hat ja schon mal damit angefangen.
Ich vermute daher , dass das Bundesverfassungericht sich das nicht antun und eine geschmeidige Lösung finden wird, indem es unter fadenscheiniger Begründung die Beschwerde ablehnt.
Damit ist das Gericht das Problem los.
Gelöst ist es dadurch aber nicht.
NN (Sonntag, 24 März 2024 22:49)
hallo 123
das Bundesverfassungsgericht soll keine Probleme lösen, das ist nicht seine Aufgabe.
Es soll aber auch nicht geschmeidig urteilen, es soll gerecht urteilen.
Das BVerfG ist dafür zuständig, die Verfassung zu schützen, also das GG. Wenn die bisherige Rechtsprechung dagegen verstößt, muss sie geändert werden. Das BVerfG muss die Verwaltungsgerichte dazu bringen.
Für die BI heißt das, dass die Angelegenheit wieder von vorne beginnt. Das Normenkontrollverfahren wird wieder aufgerollt. Während der Zeit ist das Gebiet dann vollständig bebaut.
Da juckt es dann keinen mehr, dass das illegal war.