Offener Brief von Stefan Marx zur Ratsklausur am 21.12.09

Offener Brief von Stefan Marx

 

Sehr geehrte Ratsmitglieder, Herr Bürgermeister, liebe Bissendorfer,

mit einer Mischung aus Erstaunen, Ungläubigkeit und schließlich Entsetzen habe ich den gestrigen NOZ-Artikel über die angeblich so richtungsweisende Klausurtagung inklusive Vorstellung des so genannten "Masterplans" gelesen.

Herr Bürgermeister, bevor Sie und alle Fraktionen Ihren Fahrplan intern diskutieren, sollten Sie den Bürgern und Bürgerinnen von Bissendorf erst einmal ermöglichen, sich über den jetzigen Stand zu informieren! Es gibt in dem so genannten Masterplan so viele unbeantwortete Fragen und auch Kritik seitens der Bevölkerung, dass es meiner Meinung nach sehr ignorant wäre, diese einfach zu übergehen und voreilig Beschlüsse zu fassen, die dann womöglich auch noch unnötiges Geld kosten.

Herr Henkelmann, mal ganz davon abgesehen davon, dass ich Ihnen nach mehrmaligen Besuchen von Ratssitzungen erst einmal einen Benimmkurs anraten würde, hätte ich sehr gern gewusst, was genau an dieser Klausurtagung so gelungen war, und was an dem vorgestellten Konzept genau besser ist! Dass anstatt 165 -200 LKW jetzt 700 täglich in dem Industriegebiet an und abfahren sollen??? Dass die Bauhöhe anstatt 12 Metern 17 betragen soll??? Oder dass die Firma Koch nach 2 Jahren endlich zugegeben hat, und das auch nur auf Druck der Bürgerinitiative „Schönes Natbergen“, dass es einen 24 Stunden Betrieb gibt?? Oder dass die Menschen, die die Fa. Koch jetzt schon beschäftigt, einen anderen Arbeitsweg haben? Was an einer Reduzierung von 18 auf 5 Standorte für Bissendorf positiv sein soll, ist mir auch völlig schleierhaft…

Frau Adam, nach der ersten Informationsveranstaltung, bei der sich auch die Firma Koch vorstellte, monierten Sie in der darauf folgenden Ratssitzung, dass die Kritiker des Industriegebietes die Firma Koch allzu hart angegangen seien! Vielleicht sollten Sie Ihre Fraktionskollegen auch einmal so kritisch sehen, die nicht einmal in der Lage sind, sich kritischen Fragen zu stellen und stattdessen nur diffamierende Zwischenrufe „auf den Markt werfen“, ohne etwas Konstruktives zur Diskussion beitragen!

Herr Ellermann, vielleicht erinnern Sie sich, dass wir miteinander telefoniert haben, als das Thema Industriegebiet aufkam, und Sie mir versichert haben, dass es bestimmt nicht so werden wird wie z.B. in Gesmold bei DHL, wo die Gebäude die ganze Nacht hell erleuchtet sind. Sehr, sehr schade, dass Sie Recht behalten würden… es würde alles noch sehr viel schlimmer werden, von 24 Stunden Beleuchtung bis zu Lärm, den so eine große Spedition mit sich bringt. Ich hoffe auch, Sie erinnern sich daran, dass Sie unter solchen Vorraussetzungen niemals einem solchen Vorhaben zustimmen wollten!

Herr Heckmann, ich warte bis heute auf die Beantwortung meiner Frage, die ich Ihnen schon am ersten Infoabend der BI in der Gaststätte Uthoff gestellt habe: was passiert mit dem noch bewirtschafteten Bauernhof? Sie können nicht auf der einen Seite mit Arbeitsplätzen werben, die Sie ja nicht einmal neu schaffen, und auf der anderen Seite einen gut laufenden Betrieb durch Zwangsenteignung zerstören, wie wollen  Sie das mit Ihrem Hintergrund, mit einem Sohn, der selbst einen Bauernhof betreibt, vereinbaren??? Und auch für Sie gilt dasselbe wie für Herrn Henkelmann, wenn Sie kritischen Fragen nicht gewachsen sind, sind Sie in so einem wichtigen Verfahren fehl am Platze!!!

Herr Feldmann, ich habe Sie kennen gelernt, wie Sie meinen Kindern im Wald Tierspuren erklärt und mich auf die Wichtigkeit der Rückzugsgebiete für Tiere aufmerksam gemacht haben, wie können Sie einem so riskanten und flächenvernichtenden Plan zustimmen?

Herr Denke, ich habe Sie in der Schule im Sportunterricht als verantwortungsvollen, engagierten Menschen schätzen gelernt, ich würde mich freuen, wenn Sie Ihrer Verantwortung als Gemeinderatsmitglied nachkommen würden und diesem aberwitzigen Vorhaben Ihre Stimme nicht geben!

Herr Bürgermeister, ich fordere Sie auf, endlich die immer wieder von Ihnen kolportierte faire und ergebnisoffene Behandlung dieses Themas des Industriegebietes auch wirklich zu handhaben! Bislang haben Sie noch kein einziges kritisches Argument widerlegen können, im Gegenteil, Sie wurden in den letzten Veranstaltungen zu immer mehr Richtigstellungen gezwungen, was so ein Vorhaben immer weniger rechtfertigt!

Empathie heißt das Fremdwort für die Fähigkeit, sich in die Lage des anderen zu versetzen. Das sollten auch die bisherigen Befürworter des Industriegebietes, das fälschlicherweise immer noch als Gewerbegebiet bezeichnet wird, einmal versuchen. Was haben die Bürger und die Bürgerinitiative für Bedenken? Sie wollen Ihren Wohnort für die Zukunft erhalten, für schon vorhandene Betriebe sinnvolle Lösungen finden und natürlich auch Wohnqualität für sich selbst und Ihre Nachbarn. Das ist nichts Unanständiges, im Gegenteil, ihre Pflicht und ihr verdammtes Recht!

Ich wünsche Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und einen nachdenklichen Start ins Jahr 2010!!!

 

Mit freundlichem Gruß

 

Stefan Marx

 

Uphausener Str. 11, 49143 Bissendorf